Ein überaus dünnes Buch zu Organisationen – geht das und ist da überhaupt „etwas“ drinnen, das Gestalten ermöglicht für Organisationsakteurinnen und/oder Organisationsberaterinnen, Supervisor*innen und Coaches?
Stefan Kühl und Judith Muster liefern mit ihrem Buch „Organisationen gestalten“ eine Handreichung jenseits des Maschinenmodells. Viele glauben, dass Organisationen wie Maschinen funktionieren und es daher die Phantasie gibt diese auch so zu führen/bedienen/beeinflussen. (vgl. S. 1)
Diese Komplexitätsreduktion von Organisation als Maschine greift zu kurz, da in Organisationen Latenzen immanent sind. Es gibt ständig widersprüchliche Anforderungen in Organisationen und diese gilt es zu bewältigen. (vgl. S. 35)
„Wie sollten auch angesichts der widersprüchlichen Ziele in einer Organisation die optimalen Lösungen für eine Situation gefunden werden?“ (S. 61)
Trotz all dieser Widersprüchlichkeiten, chaotischer Abläufe, Unklarheiten bringen Organisationen dauerhaft bzw. immer wieder mehr oder weniger überzeugende Produkte bzw. Dienstleistungen hervor. (vgl. S. 9)
In der Organisationsforschung haben sich verschiedene Entscheidungsprämissen herausgebildet, die unterschieden werden können und jeweils spezifisch in den Blick genommen werden kann:
. Kommunikationswege
. Programme/Konzepte
. Personal (vgl. S. 13- 17)
Zudem kann eine Organisation von drei Seiten betrachtet und auch reflektiert werden:
. formale Seite
entschiedene Entscheidungsprämissen; Klarheit über das Vorgehen und Regeln
. informale Seite
nicht entschiedene Entscheidungsprämissen; Widerspruch von Regeln, informelle Strukturen
. Schauseite der Organisation
Fassaden der Organisation nach außen, zur Öffentlichkeit; wie die Organisation von Anderen gesehen werden will (vgl. 17- 27)
An diesen Seiten und mit diesen Entscheidungsprämissen wird Organisation gestaltet. Meist im Fokus die Schauseite und Programme, denn dort sind die Widersprüche meist nicht bzw. nur wenig sichtbar.
„Bei der Gestaltung von Organisationen kommt es darauf an, die Dilemmata in kanalisierter Form besprechbar zu machen. Die Aufgabe des Managements von Unternehmen, aber auch von Verwaltungen, Krankenhäusern, Kirchen oder Hochschulen wird zunehmend darin gesehen, die Komplexitätswahrnehmung der Organisation zu erhöhen, indem es zur Entfaltung von Dilemmata beiträgt.“ (S. 59)
Dass solch ein Vorgehen die Unsicherheit und Angst für das Management bzw. die Führungskräfte erhöht ist immanent. Organisationsberatung, Supervision & Coaching können einen wesentlichen Beitrag leisten, dieser Angst bzw. Unsicherheit für Führungskräfte und Management zu begegnen und gehbare Wege zu entwickeln, wenn sie nicht selbst in das Muster der Angstbewältigung durch Konzepte fallen. (vgl. S. 36)
„Veränderungen in Organisationen funktioniert nicht nach … zweckrationalen Planvorstellungen. (…) Je konkreter ein Masterplan in die Realität umgesetzt wird, desto deutlicher wird, dass dieses Konzept ähnliche Widersprüchlichkeiten birgt wie alle anderen vorher bekannten Organisationskonzepte auch.“ (S. 37)
Das Buch ermöglicht in Reflexion zu gehen – als Führungskraft als auch als Berater*in:
. Welche dominanten Muster hat (m)eine Organisation zur Konstruktion ihrer Realität aufgebaut?
. Was wird mit der Differenzierung dadurch sichtbar?
. Wo schauen Organisationen nicht hin und welche Themen/Schwierigkeiten ergeben sich daraus? (vgl. S. 64)
Das Buch bietet einen kompakten Blick auf Organisationen für Beraterinnen, Supervisorinnen & Coaches sowie für Führungskräfte und Manager*innen und regt zur Reflexion (m)einer Organisation an.
Kühl, Stefan; Muster, Judith (2016): Organisationen gestalten. Eine kurze organisationstheoretisch informierte Handreichung.
Rezension erschienen im BASYS, www.asys.ac.at