Reinhard Heinetsberger ging in seiner Dissertation „Mit der Kraft der Gruppe. Die angewandte Gruppendynamik in der stationären Kinder- und Jugendhilfe.“ der Frage nach, ob und wie angewandte Gruppendynamik zur Steigerung der Funktionalität von sozialpädagogischen Wohngemeinschaften mit Jugendlichen beitragen kann. Daraus lassen sich für die Soziale Arbeit, die Beratung, aber auch für Organisationen grundlegende Erkenntnisse ableiten.
„Eine Wohngemeinschaft verfügt über ein sehr spezifisches sozialpädagogisch nutzbares Potenzial, welches das Gruppensetting mit sich bringt; allerdings braucht es dazu eine entsprechende Konzeption sowie die erforderliche fachliche Kompetenz der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, um dieses Potenzial zu entwickeln und auszuschöpfen.“ (S. 2)
Die Gruppe hat durch die Intervention von außen – in diesem Fall vom Forscher (es wäre m.E. auch durch Supervision oder andere Settings mit solch einer Implikation möglich) – ihr eigenes Handeln untersucht und am Ende dadurch ihre Funktionalität entwickelt. Also, wie funktionieren wir als Gruppe und ist das, so wie wir es tun, für die Zielerreichung funktional? Wesentliches Thema darin ist immer wieder, ob und wie Widersprüche, die da sind, prozessiert, ausgehandelt und letztendlich entschieden werden.
In Folge dessen muss sich die Gruppe auch darüber unterhalten, was überhaupt ihre Ziele sind. Nur so kann sie überprüfen und bewerten, ob ihr Tun funktional ist. Die Empirie konnte die theoretischen Annahmen mit überraschend positiven Veränderungen in der untersuchten Wohngruppe belegen, sodass eine solche Vorgehensweise für die Praxis sehr empfehlenswert erscheint.
Ja, die angewandte Gruppendynamik ist wirksam!
„Die Forschungsergebnisse lassen sich auf zwei Ebenen betrachten. Sie zeigen zum einen auf, wie mittels der angewandten Gruppendynamik (hier in Form des Interventionsforschungsprojektes) eine Wohngruppe unterstützt werden kann, ihr
sozialpädagogisches Lern- und Entwicklungspotenzial zu steigern, und zum anderen woran im Fall der Wohngruppe … eine solche Steigerung ersichtlich wurde. Im Rahmen der Interventionsforschung ist es gelungen, die Bewohner und Betreuungspersonen zu einem kollektiven Selbsterforschungsprozess anzuregen.“ (S. 190)
Für solche Selbstreflexionsprozesse braucht es geeignete Settings, inhaltliche Ausrichtung/Zielsetzung/Fokussierung und Bearbeitungsräume. Erst dadurch können Soziale Innovationen entstehen. Denn: „Jede Veränderung in einer Organisation steht und fällt damit, wie Betroffene zu Beteiligten gemacht werden, was nur über die Arbeit mit Gruppen realisiert werden kann.“ (S. 195)
Heinetsberger, Reinhard (2020): Mit der Kraft der Gruppe. Die angewandte Gruppendynamik in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Unveröffentlichte Dissertation. Alpen-Adria-Universität Klagenfurt.
Mittlerweile als Buch erschienen: Heinetsberger, Reinhard (2021): Mit der Kraft der Gruppe. Die angewandte Gruppendynamik in der stationären Kinder- und Jugendhilfe.