REZENSION | Aufgestellte Unterschiede. Systemische Aufstellung und Tetralemma in der Sozialen Arbeit.

„Unterschiede sind für die Soziale Arbeit zentral.“ (S. 9) So beginnt Heiko Kleve in seinem Buch „Aufgestellte Unterschiede“. Kleve ist ein äußerst aktiver Sozialarbeitswissenschaftler im deutschsprachigen Raum und ein Vertreter postmoderner und konstruktivistischer Theorien der Sozialen Arbeit. In den letzten Jahren sind viele Bücher und Artikel von ihm dazu erschienen.

Im Buch „Aufgestellte Unterschiede“ werden zwei Techniken der Sozialen Arbeit dargestellt – das Unterscheiden und das Entscheiden – die für Sozialarbeiter/-innen wie auch für Planer/-innen des Sozialwesens zentral sind.

Im ersten Teil beschäftigt sich das Buch mit systemtheoretischen Präzisierungen wie beispielsweise mit der Arbeit an und mit Differenzen in der Sozialen Arbeit. Der zweite Teil bietet fünf Artikel, die sich mit systemischer Aufstellungsarbeit auseinandersetzen. Den dritten Teil mit dem Titel „Tetralemmawanderung“ widmet Kleve der Identitätsentwicklung der Sozialen Arbeit sowie dem Prozessschema und der Arbeitsweise, sich Neuem zu öffnen:

„Wer sich als Planer oder Entscheidungsträger nicht scheut, dieser Gelegenheit von Veränderungen ins Auge zu sehen, erhöht damit die Nachhaltigkeit und Kreativität seiner Veränderungsbemühungen.“ (S. 143f)

Erfrischend für die Profession der Sozialen Arbeit beschreibt Kleve im seinem abschließenden Artikel eine Idee zur professionellen Identität der Sozialen Arbeit und spricht von einer offenen Identität, die sich durch die doppelt generalistische Weise in der Gesellschaft nicht zu einer klar abgrenzbaren ausbilden kann und meint, dass es eine Chance ist, wenn solch eine offene Identität in „… spielerischer, konstruktiver und reflexiver Weise genutzt wird.“  (S. 158)

Soziale Arbeit ist eine Profession, die es in sich trägt „… ambivalente Spannungen auszuhalten und konstruktiv zu entfalten.“ (S. 114)

 In einem überaus erhellenden Artikel klärt Kleve die Wirkungsweise von systemischen Aufstellungen – er spricht vom sogenannten Horoskopeffekt. Nicht irgendwelche spirituellen Formen,  familiäre Vorfahren oder dergleichen sind es, die bei der Aufstellungsarbeit mit Klientinnen/Klienten wirken, sondern die beobachtungsabhängige Bedeutungsgebung der Klienten:

  • Die Konstruktion von Sinn
  • Die Beziehung zum Sozialarbeiter/Berater/Therapeut
  • Die Deutung der Aussagen der Aufstellungsteilnehmer/-innen(vlg. S. 107)

Erfolgreiche Beratung bzw. Aufstellung ist dann gegeben, wenn Klientinnen/Klienten in ihren Erfahrungsräumen „… an ihrem Erleben, genauer: an ihrem Fühlen, Denken und Verstehen ‘arbeiten‘ können.“ (S. 110)

Das Buch „Aufgestellte Unterschiede“ ist vom Aufbau und der Struktur her eher eine Sammlung unterschiedlicher Aufsätze zu den Methoden systemische Aufstellung und Tetralemma und setzt die Soziale Arbeit immer wieder in Bezug dazu.

Die Aufstellungsarbeit/-praxis nimmt nur einen kleinen Teil im Buch ein – rundherum sind Professionsverständnis und systemische Grundlagen dargestellt.

Wiewohl die jeweiligen Artikel kurzweilig und erhellend für das Professionsverständnis und auch die praktische Arbeit mit Aufstellungen sind, fehlt dem Buch meines Erachtens der rote Faden und das verbindende Element. „Aufgestellte Unterschiede“ ist ein Buch für Praktiker/-innen Sozialer Arbeit, aber auch zu empfehlen für Studierende und Berater/-innen, die eine theoretische Basis für Aufstellungsarbeit suchen.

Kleve, Heiko (2011): Aufgestellte Unterschiede. Systemische Aufstellung und Tetralemma in der Sozialen Arbeit.